Ist dir schon mal aufgefallen, dass eine Situation von verschiedenen Menschen unterschiedlich wahrgenommen und bewertet wird? Ich möchte dir eine kurze Geschichte erzählen:
Zwei Kinder streiten sich um eine Mandarine. Sie quengeln so lange, bis ihnen die Mutter die Mandarine wegnimmt und fragt, was sie denn damit anstellen möchten. Der Junge möchte die Schale der Mandarine, um damit einen Kuchen zu backen, das Mädchen möchte das Fruchtfleisch essen.
Was möchte ich dir damit sagen?
Es passiert täglich, dass wir uns untereinander missverstehen. Das liegt zum einen sehr stark an der Art wie wir kommunizieren, aber zum anderen auch daran wie wir eine Situation bewerten – unsere Sicht auf die Dinge. Am Beispiel der beiden Kinder ist sichtbar, dass beide vom jeweils anderen dachten, er möchte ihm/ihr etwas wegnehmen. Eine einfache Frage hätte die Situation ohne Streit gelöst.
Ein anderes Beispiel ist im beruflichen Alltag oft zu beobachten. Während der Chef darüber empört ist, dass der Mitarbeiter keinen Ehrgeiz zeigt und ohne Lösung dasteht, ist der Mitarbeiter beleidigt, weil er sich unverstanden, gestresst und nicht wertgeschätzt fühlt. Die Sekretärin fühlt sich überfordert und macht sich Vorwürfe…und worum geht es? Die Kaffeemaschine funktioniert nicht. Der Chef hat einen schlechten Tag und gibt deshalb dem Mitarbeiter die Schuld, dass die Maschine nicht funktioniert. Der Mitarbeiter hatte am Morgen einen Streit mit seiner Frau und fühlt sich durch den Vorwurf angegriffen und die Sekretärin, weiß, dass die Maschine schon seit dem gestrigen Tag nicht mehr funktioniert, hat aber vergessen, die Hersteller-Firma zu benachrichtigen.
Worum geht es?
Eine einfache – und grandiose – Frage, mit großartiger Wirkung. Wann immer du in einer Lage bist, in der ein Streit im Anmarsch ist, oder du dich angegriffen fühlst: stelle diese Frage.
Der erste Impuls ist immer, sich zu verteidigen und in eine Opfer- oder Angriffsrolle zu gehen. Erstmal durchatmen und daran denken: das ist die Sicht/Perspektive/Bewertung dieser Person, nicht meine!
Mit diesen Beispielen möchte ich dir zeigen, dass jede Situation und jede Handlung immer neutral ist. Sie bekommt erst eine Bedeutung, wenn wir ihr eine geben. Erst wenn ich mich entscheide eine Handlung negativ zu bewerten, ist sie das auch. Ich hatte beispielsweise vergangene Woche einen sehr anstrengenden Tag. Die Sorte Tag, bei der man froh ist, wenn er vorbei ist. Hinzu kommt, dass ich aufgrund des starken Föhneinflusses Kopfschmerzen hatte und nur nach Hause wollte, mich auf die Couch knallen, essen (ich hatte Mittag noch nichts gegessen) und schlafen. Tja, diese Tagträume funktionierten nur so lange, bis ich die Wohnungstür aufsperrte und irgendwie ein ungutes Gefühl hatte. Der Geruch in der Diele war irgendwie eigenartig. Sehr ungutes Gefühl! Und ich hörte ein Geräusch, das ich nicht einordnen konnte. Lichtschalter. Schockstarre! Oje. Meine Küche. Komplett. Unter Wasser.
Okay, in diesem Moment hatte ich genau zwei Möglichkeiten:
1. Ich könnte jetzt einfach ausrasten, in Ohnmacht fallen oder wütend sein
ODER
2. Ich könnte den Installateur anrufen und zur Tat schreiten und mir denken, dass die Sache auch etwas Positives hat
Gut, ich muss zugeben, dass mir im ersten Moment nicht sofort etwas Positives eingefallen ist, aber ich machte mich einfach an die Arbeit und versuchte, tief durchzuatmen und die Lage möglichst neutral zu sehen.
Glücklicherweise war der Installateur sofort zur Stelle (quasi ein Glückstreffer, wenn man bedenkt, dass es Freitagabend 17.45 Uhr war) und hatte meine Überschwemmung gut gelaunt pfeifend in einer Stunde beseitigt. Nebenbei teilte er mir noch mit, dass die Rohre schon alt seien und es deshalb zur Überschwemmung gekommen ist. Alles klar. Da hatte ich auch meine positive Sicht darauf gefunden. Wäre diese Überschwemmung nicht passiert, hätte ich früher oder später mit einem Rohrbruch inklusive Wasserschaden rechnen müssen. Na also.
Nach diesem Intermezzo war ich richtig erleichtert und dankbar, dass mir dieser freundliche Mensch so gut gelaunt geholfen hatte 🙂
Also behalte dir in Erinnerung, dass
- jeder eine andere Sicht und Perspektive auf die Dinge hat
- du entscheiden kannst, wie du eine Situation/Handlung bewertest
- immer auch etwas Positives in einer vermeintlich „negativen“ Situation zu finden ist
Be extraordinary and stay positive!
Deine Marina
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